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AutorenbildAndrea Geipel

Geologie in Bewegung: Forschung im Kolumbo-Vulkanfeld der Ägäis

Die Sonne steigt über der Ägäis empor und taucht das Meer in ein warmes Licht. Auf der Maria S. Merian, dem Forschungsschiff, das durch diese geologisch aktive Region steuert, beginnt ein neuer Tag. Forschende und Crew bereiten sich auf die nächste Etappe einer Expedition vor, die Einblicke in die dynamischen Prozesse unter der Wasseroberfläche liefern soll. Die Stimmung ist gut, nicht zuletzt dank dem Nikolaustag, an dem der Schiffsnikolaus Überraschungen an den Kabinentüren hinterlassen hat – ein willkommener Moment des Innehaltens im intensiven Alltag an Bord.


An einer Türklinke hängen zwei Packungen mit Schokomandeln. Im Hintergrund ist verschwommen eine Kammer zu sehen.
Ein kleines Geschenk vom Schiffsnikolaus (Foto: Andrea Geipel)

Santorin und der Kolumbo haben eine faszinierende und bewegte Geschichte. Die Inselgruppe Santorin, bekannt für ihre spektakuläre Caldera und weißen Häuser, war vor etwa 3.600 Jahren Schauplatz eines der größten Vulkanausbrüche der Geschichte. Diese „minoische Eruption“ hinterließ eine gewaltige Caldera und gilt als möglicher Auslöser für das Ende der minoischen Kultur auf Kreta. Der Kolumbo-Vulkan, etwas nordöstlich von Santorin unter Wasser gelegen, brach zuletzt 1650 aus. Damals schleuderte er Gestein und Gase aus seinem Krater und verursachte einen Tsunami, der die Küsten der Ägäis traf. Diese Region ist auch heute noch eine der erdbebenreichsten in Südeuropa – und ein Hotspot für vulkanische Aktivität.


Die Mission der Forschenden an Bord der Maria S. Merian ist es, diese geologischen Prozesse besser zu verstehen, um Risiken für Küstenbewohner:innen zu minimieren. Dabei untersuchen sie unter anderem, wie sich die hydrothermale Aktivität im Kolumbo auf die Stabilität des Vulkangebäudes auswirkt und wie Erdbeben und Vulkanismus miteinander zusammenhängen. Ebenso wird die Amorgos-Verwerfung untersucht, die 1956 der Auslöser eines der stärksten Erdbeben in der Region war.


Route der Maria S. Merian sowie des Untersuchungsgebiets (Animation: Andrea Geipel)


Der Alltag an Bord folgt einem strikten Zeitplan. Frühstück gibt es um 7:30 Uhr, Mittagessen um 11.30 Uhr und Abendessen um 17.30 Uhr dazwischen stehen Datenerhebung, die Arbeit an Messsystemen, Auswertungen und Dokumentation im Fokus. Etwa die Hälfte der Forschenden arbeitet zudem in Schichten, um eine 24-Stunden-Datenerhebung sicherzustellen. Sie überwachen dabei kontinuierlich die verschiedenen Systeme, darunter ein 2D-seismisches System, ein Sedimentecholot, und ein Fächerecholot. Täglich um 10:20 Uhr trifft sich das Team, um Fortschritte zu besprechen und die nächsten Schritte zu planen. Abwechselnd gibt es kurze Vorträge zu den wissenschaftlichen Fragestellungen oder zu den Messgeräten, die wir an Bord nutzen. Neben den wissenschaftlichen Arbeiten bleibt aber auch Zeit für Entspannung. Pausen an Deck, wo die Sonne glitzert und der Wind um die Ohren pfeift, sind erfrischend und machen den Kopf wieder frei.


Skizze von zwei Männern, die auf einer Palette Kisten an Deck entladen. Im Hintergrund sieht man einen Container.
Alle helfen zusammen - hier beim Entladen eines Containers (Skizze: Andrea Geipel)

In dieser Woche haben die Forschenden eine Vielzahl von Geräten eingesetzt, um die geologischen Strukturen in der Ägäis zu erforschen. Eines dieser Systeme ist das Ozean-Boden-Seismometer (OBS). Diese Geräte sind speziell dafür entwickelt, kleinste Bewegungen der Erde unter der Wasseroberfläche zu messen. Doch wie funktionieren sie? Ein OBS besteht aus mehreren Komponenten: einem Seismometer, das Bodenbewegungen aufzeichnet, einem Hydrophon, das Schallwellen im Wasser misst, einem Datenrekorder, sowie Sensoren für die Messung von Wassertemperatur und Wasserdruck und einem robusten Gehäuse, das die empfindliche Technik schützt. Zusätzlich verfügt das Gerät über ein Gewicht, das es zum Meeresboden sinken lässt, und Auftriebskörper, die aus syntaktischem Schaumstoff bestehen. Diese sorgen dafür, dass das OBS später wieder zur Oberfläche aufsteigt.


Skizze eines Ozean Boden Seismometer mit Beschriftung der einzelnen Elemente. Funktionsweise siehe Text.
Ozean Boden Seismometer (Grafik: Andrea Geipel)

Vom Schiff aus wird das Gerät auf den Meeresboden an strategischen Punkten im Kolumbo-Krater und entlang der Amorgos-Verwerfung abgesetzt. Dort registriert es selbst kleinste Bewegungen im Untergrund. Nach einigen Tagen wird das OBS durch ein Signal an den Releaser gelöst und steigt dank seiner Auftriebskörper wieder zur Oberfläche, wo es geborgen und die gesammelten Daten ausgewertet werden.


Das Seismometer selbst arbeitet nach einem einfachen Prinzip: Ein schweres Gewicht hängt an einer Feder und bleibt aufgrund der Trägheit zunächst in seiner Position, während das Gehäuse des OBS – und damit die Erde – sich bewegt. Diese Bewegung erzeugt durch eine Spule eine elektrische Spannung, die gemessen und aufgezeichnet wird. Auf diese Weise können die Forschenden erkennen, ob die Bewegungen durch ein Erdbeben, vulkanische Aktivität oder andere geologische Prozesse verursacht wurden.


Doch die OBS sind nur eines von vielen eingesetzten Instrumenten: Mit einem Fächerecholot und einem Hydrophon werden hochauflösende Karten des Meeresbodens erstellt. Außerdem hat das Team erste Tests mit dem MOLA-Lander-System und dem MOMO-Videosystem durchgeführt. All diese Daten geben ihnen einen detaillierten Einblick in die Dynamik dieser Region.


Sonnenuntergang auf dem Meer. Im Vordergrund sieht man links ein Teil des Schiffs Maria S Merian
Davon bekommt man nie genug: Sonnenuntergänge auf dem Meer (Foto: Andrea Geipel)

Ein Highlight ist die Fahrt in die Caldera von Santorin, eine der beeindruckendsten Landschaften der Ägäis. Auch wenn wir die Insel selbst nur aus der Ferne sehen können, ist der Anblick der steilen Klippen und der riesigen vulkanischen Struktur atemberaubend. Aber dazu mehr beim nächsten Mal.

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